Intensives Live-Rollenspiel bedeutet für uns, sich an die eigenen Grenzen heranzutasten, ohne sie dabei zu überschreiten. Diese Grenzen sind jedoch bei jeder Person andere und sie können auch vom Gefühlszustand oder der Tagesverfassung abhängen. Deshalb gibt es Metatechniken und “Safewords” (Signalwörter) um Grenzüberschreitungen zu verhindern.
Wenn du das Gefühl hast, dass dir unsere Metatechniken zur Darstellung von Intimität und Sexualität zu weit gehen, solltest du dich für Belleteyn nicht anmelden.
Auch wenn Metatechniken vorhanden sind, ist es wichtig sich vorab abzusprechen bzw. nach Consent zu fragen.
Du hast immer die Kontrolle über deinen Körper und die Situation. Du entscheidest, wen du berührst und wer dich berührt.
Flagging
“Flagging” kommt vermehrt bei internationalen Larps vor und bedeutet, dass nach Ablauf der Anmeldephase eine Liste mit den Namen aller, die sich angemeldet haben, ausgeschickt wird. 3 Tage hat man Zeit auf die Email zu antworten und Personen nach den unten angeführten Kriterien zu “flaggen”. Dabei müssen keine genaueren Gründe angegeben werden. Erst danach werden wir auf die Charaktere casten.
Flagging soll die Sicherheit und das Wohlgefühl aller erhöhen. Wir kennen womöglich nicht alle Teilnehmer:innen persönlich oder individuelle Konflikte zwischen einzelnen. Niemand wird erfahren, wer wen und weshalb geflaggt hat, auch nicht die betroffene Person selbst.
Yellow Flag
Die Person ist sicher und du hast kein Problem damit, dass diese Person ebenfalls am Larp teilnimmt, möchtest aber nicht enger mit ihr zusammenspielen und keine Verknüpfungen mit deren Charakter haben.
Keiner Person wird mitgeteilt, ob sie yellow geflaggt wurde.
Orange Flag
Du findest die Person ist sicher und keine Gefahr für andere, kannst aber aus persönlichen Gründen nicht auf dem gleichen Spiel wie sie sein. In diesem Fall kann es sein, dass die Orga die Charaktere so zuteilt, dass du, sie oder ihr beide nicht teilnehmen werdet.
Red Flag
Du siehst diese Person als nicht sicher oder sogar gefährlich an, aufgrund von vorherigen Erfahrungen im Larp. Beispiele dafür könnten Mobbing, Beleidigungen, Belästigung, ein “Nein” nicht zu respektieren, oder sogar Missbrauch in jeglicher Form sein. Du musst keine Begründung für ein red flag geben. Eine Person, die red geflaggt wurde, wird nicht auf Belleteyn teilnehmen oder erfahren wer sie geflaggt hat oder warum.
Unsere Larp Philosophie
Regeln für gutes Spiel
- Wenn du angespielt wirst, zeige irgendeine plausible Reaktion. Spiele irgendwas, egal was, aber spiel.
- Eine Erweiterung dieser Regel ist, anstatt “Nein, aber…” zu sagen, den Spielimpuls mit “Ja, und…” aufzunehmen, abzuwandeln und weiterzuspielen.
- Wenn du jemanden anspielst, erwarte keine bestimmte Reaktion. Akzeptiere, was dein Gegenüber daraus macht.
Opferregel
Du entscheidest, wie verletzt dein Charakter ist und wann dieser stirbt (aber es sollte halbwegs realistisch sein). Auch entscheidest du über die Wirkungsdauer und -intensität von Tränken jeglicher Art.
Charaktertod
Es gibt keine Bedrohung, durch die das Leben der Charaktere gefährdet ist. Solltest du dich für den Tod deines Charakters aus welchen Gründen auch immer entscheiden, tue dies möglichst spät, da wir keine Ersatzcharaktere schreiben.
Infight
Physische Auseinandersetzung ohne Waffen wie Raufen, Wresteln oder auch etwas wie Armdrücken sollten unbedingt abgesprochen werden. Es eignet sich Schere-Stein-Papier oder eine Münze werfen, um den Gewinner im Vorhinein zu definieren.
Einige Regeln:
- langsame und große Bewegungen (weit ausholen)
- nie mit echter Körperkraft kämpfen, sondern auf Kontakt gehen und die Bewegungen ableiten
Sollte sich ein Infight aus der Situation heraus, ohne Absprache, ergeben, müssen folgende Regeln befolgt werden:
- Langsam und frontal auf das Gegenüber zugehen, nie von hinten!
- Verbal ankündigen –> “Ich glaube da will jemand eine Tracht Prügel…”
- Der Angreifer verliert ohne Abmachung IMMER!
Kampf mit Waffen
Es wird mit geschäumten oder gelatexten Schaumwaffen gekämpft, die eigens für Larp hergestellt werden.
Für unser Dorfsetting eignen sich Dolche, kleine Messer, Küchenmesser, kleine Äxte, Stöcke, Prügel, Werkzeuge, …
Aber auch Alltagsgegenstände wie Pfannen, Gemüse, Steine, … werden mittlerweile für Larp hergestellt.
Es gelten dieselben Regeln wie für Infights.
WICHTIG!
Führe nie echte und scharfe Klingen sichtbar am Gürtel mit dir und bringe wenn einen Sicherheitsverschluss an, damit sie nicht von einem Gegner gezogen wird.
Play to lift
Spiele andere Charaktere und deren Status, Profession oder Eigenschaften an und hoch, und generiere dadurch Spiel für sie. Heiler:innen wollen Wunden und Wehwehchen verarzten, Kräuterkundige Tränke brauen, Priester:innen die Beichte abnehmen, Beliebte umgarnt und Fieslinge herausgefordert werden.
“Nicht das Auftreten oder Kostüm machen einen König zum König, sondern seine Untergebenen, die ihn hochspielen.”
Play to drama
Spiele so, dass du möglichst viele Teilnehmer:innen in ein Geheimnis oder eine Szene einbindest. Mache aus einer Fliege einen Elefanten und gib alles! – Es geht hier meist um hormongesteuerte, unerfahrene Teenager, die oftmals das große Ganze noch nicht sehen und die Konsequenzen noch nicht gut einschätzen können.
IT und OT trennen
Im Larp Jargon werden die Abkürzungen IT für “in time” (in der Spielewelt) und OT für “out time” (reale Welt) verwendet.
Rufe dir immer in Erinnerung, dass IT Flirten nicht automatisch die Berechtigung für OT Flirten ist. Also IT Consent ist kein Freibrief für OT!
Manchmal fällt es einem schwerer zwischen IT und OT Gefühlen zu unterscheiden und es kommt vor, dass man positive Gefühle wie Verliebtheit, aber auch negative ins echte Leben mitnimmt. Das nennt man “Bleed” und ist ein bekanntes Phänomen, bei dem einige Techniken helfen können damit besser umzugehen. Unsere Vertrauensperson kann dir während und nach dem Spiel Tipps dazu geben.
Consent (Zustimmung)
It’s simple:
- No means NO!
- Maybe means NO!
- Only yes means YES!
Consent ist situationsabhängig, und kann, obwohl zunächst abgesprochen und gegeben, jederzeit wieder zurückgezogen werden.
Eigenverantwortung
Alle Sicherheitsmechanismen können nur greifen, wenn du sie bewusst einsetzt und darauf achtest, wenn andere sie einsetzen. Nur du kennst dich und deine Grenzen und kannst sie richtig abschätzen.
Verlasse eine für dich unangenehme Szene, bevor es zu spät ist, und suche optional die Vertrauensorga auf, falls du mit jemandem darüber reden möchtest. Wenn das Problem ein schleichendes ist, warte nicht bis es gar nicht mehr geht, sondern suche sofort das Gespräch.
Absprache
Es ist notwendig sich mit verknüpften Spieler:innen vorab und bei Bedarf auch während dem Spiel abzusprechen und die gemeinsamen Szenen anzupassen. Dies gilt vor allem für Infight (Kampf mit Körperkontakt aber ohne Waffen) oder intimen Szenen. Wenn du dir unsicher bist, ob sich dein Gegenüber unwohl fühlt, frage und kalibriere nach.
Wichtig! Consent (Zustimmung) ist keine Generalabsolution, da sich die Umstände und Gefühlslage ändern kann. Nur weil etwas abgesprochen wurde, heißt das nicht, dass man das auch so machen muss.
Langsame und schrittweise Eskalation
Eskalation bezieht sich sowohl auf verbale Auseinandersetzungen (Drohen, Einschüchtern, Hänseln, Strafen …), wie auch physische (Gewalt, Kampf, Intimität, …).
Überlege dir mit deinen Mitspieler:innen verschiedene Stufen der Eskalations,- und Deeskalationsspirale, damit ihr nicht am Beginn des Spiels bereits euer gesamtes Pulver verschießt.
Verwende generell immer die Sicherheitstechniken, aber vor allem, wenn sich eine Szene ergibt und eine Absprache nicht möglich war. Gebt einander Raum, macht langsame Bewegungen und nähert euch langsam, aber versperrt einander nie einen Ausweg aus der Situation.
(Zu diesem Thema wird es vor dem Spiel Übungen geben.)
Vertrauensperson
Wenn dir etwas zu nahe gegangen ist oder du dich unwohl fühlst, wende dich an unsere Vertrauensperson, Stefan Petrovic. Du kannst ihn jederzeit ansprechen und er nimmt sich Zeit für dich.
Solltest du lieber mit einer Frau sprechen wollen, lässt sich das vor Ort arrangieren, aber suche dennoch zuerst Stefan auf und er hilft dir weiter.
Die Vertrauensperson ist weder Psychologe, noch Therapeut. Stell sie dir wie einen Freund vor, der dir zuhört und dir zu helfen versucht.
Safewords
“Red Stop“
Etwas wirklich schlimmes, wie eine Verletzung ist passiert oder Gefahr ist in Verzug. Das Spiel wird sofort unterbrochen.
“Wenn das deine Mutter wüsste, …“
Verwende diese Phrase im Spiel um deinem Gegenüber verbal zu signalisieren, dass er/sie deeskalieren, also runter vom Gas, soll.
“Wenn das dein Vater wüsste, …“
Diese Phrase bewirkt genau das Gegenteil: Du ladest dein Gegenüber ein weiter zu eskalieren und einen Schritt weiter zu gehen.
“Sani(täter)“
Das Spiel wird unterbrochen, da sich jemand wirklich wehgetan hat und Hilfe und/oder medizinische Erstversorgung benötigt.
“Heiler/Feltscher”
Ein Charakter benötigt im Spiel medizinische Hilfe (kein echter Notfall!).
Metatechniken
Metatechniken dienen dazu Handlungen darzustellen, die man nicht darstellen kann oder möchte, weil sie entweder übernatürlich oder sehr intim sind.
Berührungen
Das Spiel sieht vor, physisch mit anderen in Kontakt zu treten um Zuneigung und Intimität darzustellen. Standardmäßig eignen sich dafür die Hände und Arme bis zu den Schultern – alles darüber hinaus sollte abgesprochen werden. Berührungen der Bikinizonen sind zu unterlassen.
Nacktheit
Nackte Haut kann im Zuge von Ritualen eine Rolle spielen, muss aber nicht. Es ist auch nicht vorgesehen, dass zu irgendeinem Zeitpunkt jemand einen Striptease hinlegt, sondern am ehesten bieten sich dabei die geschlechtergetrennten Rituale Samstag Abend an.
Regeln:
- Primäre Geschlechtsorgane bleiben zu jedem Zeitpunkt bekleidet.
Niemand wird zu irgendeinem Zeitpunkt gezwungen sich auszuziehen, es ist und bleibt jedem selbst überlassen.
Tap & Scratch / Abklopfen & kratzen
Eine non-verbale Metatechnik zum Eskalieren oder De-Eskalieren, wenn man einander bereits berührt oder sehr nahe ist.
Tap out: 2x abklopfen signalisiert dem gegenüber, die Szene abzubremsen.
Scratch: leichtes kratzen, um zu anzuzeigen, dass es weitergehen könnte.
Bring it & Slow down
Eine non-verbale Metatechnik zum Eskalieren oder De-Eskalieren, wenn man einander sieht und noch nicht berührt.
Beckoning or Bring it: Mit der Handfläche nach oben und den Fingern eingerollt zu sich winken.
Slow down: Mit einer oder beiden Händen mit der Handfläche nach unten winken.
Beispiele:
Person A fürchtet sich und sagt verzweifelt: “Nein, bitte geh weg!” und verwendet aber Bring it um dem Gegenüber zu signalisieren, dass man weitermachen soll.
Person B ist wütend und geht rasch auf die andere Person mit gehobenen Fäusten zu. Diese macht Slow down um Person B zu signalisieren, dass sie runter vom Gas soll.
Um eine laufende Szene ohne viel Aufmerksamkeit zu verlassen, kannst du deine Augen mit einer Hand beschatten, nach unten blicken und weggehen.
Die Mitspieler*innen ignorieren die Person, gehen dieser nicht nach und thematisieren ihr Verschwinden IT nicht, sondern spielen einfach weiter.
Cheek-to-cheek / Wange-an-Wange
Um einen Kuss anzudeuten, je nachdem ob dieser zart oder wild sein soll, kann das auch mit Wange-an-Wange dargestellt werden. Dabei legt man Wange an Wange wie bei einem freundschaftlichen Kuss.
Nur nach Absprache:
- Wer einen Schritt weitergehen möchte, kann dem Gegenüber sanft den eigenen Finger auf die Lippe legen und diesen küssen. Der Finger schafft dabei eine Barriere.
- Noch ein Schritt weiter wäre ein Bussi auf die Lippen, ein Kuss ohne Zunge, oder sogar ein Kuss mit Zunge.
Sex
Es gibt versch. Metatechniken um darzustellen, dass zwei Charaktere miteinander schlafen. Wir verwenden eine Abwandlung von Ars Amandi, eine Technik bei der man nur die Hände, Arme, Schultern und den Hals des Gegenübers berührt und sich dabei in die Augen schaut. Diese Technik wird mit einer Art Tanz verbunden, bei dem man nur die Hände und Arme des anderen berührt.
Nach Absprache kann man weitergehen.
Regeln:
- Blickkontakt halten.
- man berührt sich mit beiden Händen gleichzeitig.
- Sexuelle Gewalt wird nicht, unter keinen Umständen, dargestellt!